Bauzentrum_2022_02

BAUZENTRUM E-BAU 2 | 2022 24 E-BAU Europas erstes öffentliches Nullenergie-Gebäude wird 20 Jahre alt Es war seiner Zeit wahrlich weit voraus, und ist es noch heute. Schon 1997 begannen die Planungen für das Informationshaus des Naturpark Bayerischer Wald in Zwiesel. 2001 wurde es bezogen und 2002 erfolgte die offizielle Eröffnung. Wenig später wurde es mit dem Bayerischen Energiepreis ausgezeichnet. Es war das erste öffentliche Nullenergiehaus Europas und jetzt liegen nach über 20 Jahren Betrieb beeindruckende Energieauswertungen vor. Mehrere Beweggründe führten zum Bau die- ses ganzjährig ausschließlich solar beheizten Informationshauses. Der Naturpark wollte den Beweis antreten, dass es auch im Bayeri- schen Wald, mit relativ rauem Klima möglich ist, ein Gebäude auf 600 m Meereshöhe so sparsam zu errichten, dass man auch im Win- ter den Heizbedarf ausschließlich mit Son- nenenergie decken kann. Es sollten die fossilen Energieträger Öl und Erdgas geschont werden, wertvolle Rohstoffe, die viel zu schade zum Verheizen sind. Dies verlangt auch das Nachhaltigkeitsdenken im Rahmen einer Verantwortung für künftige Generationen. Übergreifende ökologische Aspekte Auch die Schäden, die weltweit an Wäldern und Ökosystemen durch Luftverschmutzung entstehen, dürfen nicht länger hingenommen werden. Ein weiterer Beweggrund war die Er- kenntnis, dass viele Natur- und Artenschutz- projekte des Naturparks durch Luftschadstoffe und Klimaschäden negativ beeinflusst werden. Die Liste an vernetzten Problemen ließe sich noch weiter fortsetzen. Die Borkenkäferprob- lematik in den Wäldern ist ein weiterer Beleg. Außerdem sollte das Gebäude beispielgebend sein, wie man im waldreichsten Landkreis der Bundesrepublik Deutschland mit hei- mischen, nachwachsenden Rohstoffen die regionale Wirtschaft ankurbeln und die Wert- schöpfung in der Region erhöhen kann. Pufferspeicher und Erdkollektor sammeln Energie Über das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie hatte man aus dem Programm „Rationellere Ener- giegewinnung“ der Innovationsberatungsstel- le Südbayern Zuschüsse zur 110 m² großen Solaranlage mit dem 21.000 Liter fassenden Pufferspeicher und zum Erdkollektor erhalten. Daran war die Bedingung geknüpft, die Ener- giekennwerte bis zum Ende des Jahres 2003 zu erfassen und in einem Bericht herauszugeben. Dieses „Messprogramm“ wurde vom Naturpark freiwillig die letzten 20 Jahre weitergeführt. Hochwertige Gebäudehülle Beim Bau des Solarhauses wurde auf konse- quente Wärmedämmung beim Wandaufbau und auf maximale Reduzierung der Energie- verluste über Fensterflächen und Türen ge- achtet. Der ganzjährige Wärmeenergiebedarf beträgt in dem Gebäude mit 763 m² Nutzflä- che nicht einmal 9.000 Kilowattstunden pro Jahr (würde man das Gebäude theoretisch vollständig mit Heizöl beheizen, wären nur ca. 1.200 Liter Heizöl für das Informationszent- rum notwendig). Mit dem 110 m² großen, thermischen Solarkollektor auf der Südfassa- de des Gebäudes konnte in den vergangenen Jahren stets das 3 bis 3,5- fache der benötig- ten Heizenergie erzeugt und im zentralen Pufferspeicher im Treppenhaus des Gebäu- des gespeichert werden. Damit können auch sonnenlose Zeiten und Nebeltage überbrückt werden. Der Engpass liegt erfahrungsgemäß meist im Dezember und im Januar. Die Solarthermiekollektoren sind mit der Fassade konsequent nach Süd ausgerichtet. Ihre beinahe vertikale Anbringung begünstigt den Wärmeertrag im Winter sowie im Frühjahr und Herbst. Foto: Naturpark Bayerischer Wald e.V./Sonnenhaus-Institut e.V.

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