Bauzentrum_2022_03

BAUZENTRUM E-BAU 3 | 2022 Fossile Energie einzusparen ist das Gebot der Stunde. Auch der Bundeswirtschaftsminister fordert dazu auf. Das Passivhaus Institut hat dazu die Aktion #EnergieEffizienzJETZT gestartet. Das Forschungsinstitut erläutert, wie jede/jeder Einzelne von uns dazu beitragen kann, sich von fossiler Energie unabhängiger zu machen und letztlich vollständig darauf zu verzichten. Die Erfahrungen aus der Praxis sind auf der Plattform Passipedia veröffentlicht. JETZT! Fossile Energie einsparen! Passivhaus Institut zeigt Wege zur fossilen Unabhängigkeit 26 Passivhaus Institut Abhängigkeiten von Gas, Öl und Kohle sei- en nicht nur klimaschädlich, sondern auch demokratiefeindlich und sicherheitsgefähr- dend, so äußersten sichKlimaaktivisten beim globalen Klimastreik im März. „Die aktuelle Situation zeigt, wie wichtig es für Versor- gungssicherheit, Klimaschutz und letztlich auch für den Frieden ist, sich von fossilen Energieträgern zu lösen. Mit unserer langjäh- rigen Erfahrung im Bereich Energieeffizienz von Gebäuden möchten wir zu dieser gesell- schaftlichen Aufgabe beitragen.“, erläutert Jessica Grove-Smith vom Passivhaus Institut. Das Darmstädter Institut benennt dazu So- fortmaßnahmen, mit denen fossile Energie im Gebäudebereich rasch eingespart werden kann und ebenso Anpassungen, die mittel- fristig angegangen werden sollten. Beispiele für kostenfreie Sofortmaßnahmen zumEnergiesparen • Raumtemperatur absenken und wärmer anziehen • Räumliche und zeitliche Teilbeheizung • Weniger und kürzer duschen sowie wassersparendeDuschbrause verwenden • Geräte abschalten, die wenig oder nicht verwendet werden • Strom sparen allgemein: Beispiele für Schritte, die zeitnah angegangen wer- den können • Warmwasserspeicher dämmen • Dachboden dämmen • Fensterlaibung dämmen • Fenster mit Isolierfolie bekleben • Kleine Photovoltaikanlage für den Balkon • Wärmepumpe statt Gas/Öl-Kessel (eventuell zunächst als Ergänzung) • Mini-Splitgerät als Ergänzungsheizung Beispiele für Schritte, die mittelfristig angegangen werden sollten • Sanierung zumhoch energieeffizienten EnerPHit-Standard • Egal ob komplette Sanierung oder in Einzelschritten: Entscheidend sind hoch energieeffiziente Komponenten wie dreifach verglaste Fenster, Lüftungs- anlage mit Wärmerückgewinnung sowie optimale Wärmedämmung • Wärmebrücken vermeiden. Wärmepumpe imAltbaumöglich Angesichts deutlichgestiegener Energiepreise so- wie einer möglichen Versorgungskrise erhalten gerade Wärmeerzeuger besondere Aufmerksam- keit. Die Fachleute des Passivhaus Instituts zei- gen, dass eine mit Strom versorgte Wärmepum- pe durchaus auch im Bestandsbau eingebaut werden und so den Gas- oder Ölkessel ersetzen kann. Empfehlenswert sei es natürlich, erst den Wärmeschutz des Gebäudes durch eine gute Wärmedämmung, gute Fenster sowie verringer- te Wärmebrücken zu verbessern. Dadurch ver- ringere sich automatisch der Heizwärmebedarf des Gebäudes. Kessel durchWärmepumpe ersetzen „Wenn das nicht möglich ist, dann sind Wärme- pumpen im Altbau auch eine Lösung, bevor der Wärmeschutz verbessert werden kann. Wenn der Kessel sowieso ersetzt werden muss, dann sollten Hauseigentümer auf jeden Fall eine Wärmepumpe in Betracht ziehen.“, erklärt Jür- gen Schnieders vomPassivhaus Institut. Wichtig sei, dass das Heizsystemmit möglichst niedrigen Vorlauftemperaturen auskomme. Mini-Splitgeräte Alternativ seien auch kostengünstigere Mini- Splitgeräte denkbar, um weniger fossile Energie zu verbrauchen. Die könnten als zusätzliche Wärmequelle eingebaut werden und einen Teil des Wärmebedarfs übernehmen. Der Gas oder Ölkessel bleibe vorerst als Reserve im Gebäude, erklärt Wolfgang Feist. Der Gründer des Pas- sivhaus Instituts berichtet von seinen Erfah- rungen mit Splitgeräten, die in Schweden ganz selbstverständlich als Heizung genutzt werden und mittlerweile auch in Deutschland förder- fähig sind. In einem hoch energieeffizienten Ge- bäude wie einemPassivhaus reiche ein Splitgerät für das gesamte Haus, in weniger effizienten Gebäuden könne zumindest das Wohnzimmer damit beheizt werden, so Feist. PV imKleinformat Eine Photovoltaikanlage auf dem eigenen Dach, um erneuerbare Energie zu erzeugen, kann für Eigentümer ein Beitrag zum Energiesparen und zum Klimaschutz sein. Kleine Photovoltaikan- lagen, so genannte SteckerSolargeräte, die am Balkon oder ähnlichen Stellen installiert werden, können sogar für Mieter interessant sein, so das Passivhaus Institut. Für diese Anlagen mit maxi- mal 600Watt ist lediglich eine Anmeldung beim Netzbetreiber erforderlich. Der dazugehörige Stecker wird einfach in die häusliche Steckdose gesteckt. „Die Anlagen erzeugen vor allem im Sommer Strom. Das spart auch Erdgas ein, das wiederum in den Speichern verbleiben kann.“, so Wolfgang Feist. Benjamin Krick vom Passivhaus Institut stellt die Wärmedämmung von Fenster- laibungen vor. Diese Anpassung könne schon jetzt umgesetzt werden und dabei ein späterer Austausch der Fenster sowie eine spätere Wär- medämmung mit berücksichtigt werden. Zu- dem, so Krick, könnten derWarmwasserspeicher und die Verteilleitungen gedämmt werden. Energetische Sanierung Mittelfristig sei eine großflächige Sanierung des Gebäudebestands unumgänglich, so dieWissen- schaftler des Passivhaus Instituts. Der passiv- hausnahe EnerPHit-Standard sei ökonomisch am sinnvollsten, erläutert Jürgen Schnieders. Egal, ob die Sanierung komplett oder in einzel- nen Schritten angegangen werde, wichtig sei es, ausschließlich hoch effiziente Komponenten zu verwenden, um einen Lock-in-Effekt zu ver- meiden. Wer heute die Fenster austausche oder das Dach saniere, der werde dieses Bauteil die nächsten 30 bis 40 Jahre nicht mehr erneuern. „Mit schlechter energetischer Qualität wird auf Jahrzehnte die Möglichkeit vertan, viel Energie einzusparen und das Klima zu schützen. Wenn erneuert wird, dann bitte ausschließlichmit sehr guter energetischer Qualität.“, so Schnieders. Weiter! Bildung! #EnergieEffizienzJETZT – dazu bietet das Pas- sivhaus Institut neben der bereits bestehenden Weiterbildung für Handwerkende in Zukunft auch Crashkurse an. Darin werden unter an- derem die Anforderungen an eine hohe ener- getische Qualität der Gebäudehülle und Ge- bäudetechnik vermittelt. Susanne Winkel vom Forschungsinstitut ermuntert auch dazu, die Weiterbildung für Passivhaus-Planende und Be- ratende zu nutzen, um die dringend benötigte Beratungskapazität zu erweitern. „Gemeinsam erreichen wir mehr“, so das Fazit des Passivhaus Instituts. www.passiv.de

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