Bauzentrum_2022_05

BAUZENTRUM E-BAU 5 | 2022 Neue Räume für die Öffentlichkeit Das gesamte, barrierefreie Gebäude ist in fünf seitlich gegeneinander verschobene Giebelhäuser sowie funktional und räumlich in drei Berei- che unterteilt, in denen sich die Verwaltungsbüros, die gemeinschaftli- chen Vereinsräumlichkeiten und die Arztpraxis wiederfinden. Die Ein- heiten sind mit traditionellen Satteldächern niedrig gehalten, sodass die nahegelegene Kirche das einzige hohe Gebäude auf dem Platz bleibt. Durch die besondere verschobene Bauweise stehen separate Eingänge sowie kleine Innenhöfe zwischen dem Gemeindezentrum und den al- ten Mauern der Nachbargebäude zum Verweilen zur Verfügung. Die Fassaden des an den Neubau angrenzenden Bestands wurden aus Re- spekt vor der langen Geschichte des Ortes bewusst unbehandelt gelas- sen. Diese kleinen Innenhöfe sollten zu Treffpunkten für alle Bürger werden, zu einem neuen Zentrum des Dorfes, umschreibt Kircher die Idee dahinter. Einige Monate nach der Eröffnung lässt sich sagen, dass das Konzept aufging: Die Menschen treffen sich gern rund um das Gemeindezentrum. Der Hof auf der Ostseite verbindet sich mit den Straßen, die parallel zum Hauptplatz verlaufen. Im Alltag wird er zum Parken von Fahrzeugen sowie als Spielplatz genutzt, bei Messen und Festen bietet er Raum für Festzelte und Aktionen. Offene Büros, nutzbares Vereinshaus für alle Vom Haupteingang führt ein kurzer Durchgang in den schon fast wie ein Wohnzimmer gestalteten, doppelhohen Wartebereich des Büro- abschnitts mit einer großen tribünenartigen Treppe, die in das offe- ne Obergeschoss führt. Dort findet sich ein multifunktionaler Raum und Sitzungssaal, der über dem Vereinsheim liegt. Die Büroräume und der Pausenraum im Erdgeschoss öffnen sich durch großzügige Glasflächen nach außen, was die gelebte Transparenzpolitik der Ge- meinde unterstreicht. Auch das neue Büro des Bürgermeisters befindet sich hier, was eher unüblich ist. Der Symbolcharakter bei dieser in- novativen Grundrissgestaltung ist eindeutig: Der Bürgermeister hält seine Tür immer offen. Das hat sich schon nach kurzer Zeit positiv auf das Gemeindeleben ausgewirkt und die Bindung zwischen den Bür- gerinnen und Bürgern sowie der Gemeindeverwaltung gestärkt. Das Vereinshaus im mittleren Bereich des Neubaus kann von jedem Ge- meindemitglied gemietet werden; es gibt bewusst keine Küchenzeile, damit bei Veranstaltungen das Catering durch nahe gelegene Restau- rants geschehen soll, um ebendiese zu unterstützen. Der letzte Bereich, das Ärztezentrum, ist über den Platz hinter dem Gebäude zugänglich. Auch hier verbinden sich alle Räume visuell mit dem Außenbereich, wobei die Begrünung ein wesentlicher Bestandteil der Gestaltung ist. Spektakuläre Trag- und Dachkonstruktion aus Holz – und reichlich Licht Das Dach des Gebäudes sowie die Verkleidung der meisten Innen- und einiger Außenwände sind aus Holz: innen Fichte, außen Lärche. Eine bewusste Entscheidung der Architekten. „Um das Jahr 2000 drehten sich die meisten Architekturdiskussionen umDesign – jetzt geht es um das Eigentliche: um Nachhaltigkeit”, sagt Kircher. Ganz im Sinne des Nachhaltigkeitsgedankens verfügt das Gemeindezentrum über eine Wasserwärmepumpe, die sowohl Heizung als auch Kühlung über den Fußboden gewährleistet. Eine doppelte Reihe von Velux Dachfenstern sorgt in den heißen Monaten für eine optimale Belüftung. Sie sind aufgrund dieser wichtigen Funktion sowie ihrer Position hoch in der Decke automatisiert, während alle anderen Fenster und Balkontüren, die jedes Büro mit dem Hinterhof verbinden, manuell bedient werden. Neben der Belüftung des gesamten Gebäudekomplexes und der Sicht – einige bieten etwa einen Blick auf die Uhr des Kirchturms – sorgen die vielen Dachfenster für ein einzigartiges Lichtspiel. „Die Atmosphäre im Gebäude ändert sich im Laufe des Tages: Es ist ein immerwähren- des Spiel mit den aus allen Richtungen einfallenden Sonnenstrahlen, das nie langweilig wird”, zeigt sich Kircher begeistert. Diese spezielle Atmosphäre trägt zusätzlich zum einladenden, offenen Charakter des gesamten Gemeindezentrums bei. Bei der Lichtplanung griffen beide Architekten auf computergenerierte 3-D-Modelle am Bildschirm zu- rück. Ihre umfangreiche Erfahrung mit Tageslicht und ihr grundsätz- liches Interesse an der Thematik ermöglicht es ihnen, geplante Effekte präzise zu erzielen. Die Atmosphäre eines Projekts – vermittelt nicht nur durch die Form der Räume, sondern auch durch ein Zusammen- spiel von Materialien, Texturen und Licht – ist für sie ein immens wich- tiger Teil des Designprozesses. www.velux.de Im gesamten Gebäude, wie hier im Obergeschoss des Gemeindezentrums über dem Vereinsheim, herrscht dank Lichtplanung und einer Vielzahl Velux Dachfenster eine einzigartige, helle Atmosphäre. „Es ist ein immerwährendes Spiel mit der Sonne aus allen Richtungen, das nie langweilig wird", sagt der verantwortliche Architekt Chris- tian Kircher. Über die Rückseite des Gebäudes erreichen die Menschen das Ärztezentrum. Der Vorplatz bietet Raum für Events. Das mit Pflastersteinen gebildete Rechteck erstreckt sich, die Optik der Straße unterbre- chend, vom Eingang bis auf den Hauptplatz und lädt so zum Besuch des Gemeindezent- rums ein. Architekt: Smartvoll, Philipp Buxbaum & Christian Kircher E-BAU 21

RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NDYw