Bauzentrum_2022_04

BAUZENTRUM E-BAU 4 | 2022 Verbandsnachrichten 47 halten. „Beton hat grundsätzlich ein sehr gutes Wärmespeichervermögen“, erläutert Tillman Gauer, Doktorand in der Arbeits- gruppe von Pahn. „Aber erst mit Einsatz der multifunktionalen Bauteile – aufgebaut aus einer Tragschale, einer 14 cm dicken Dämmung und einer Vorsatzschale – lässt sich die Wärme auch effizient für die Ge- bäudeheizung nutzen. In den Bauteilen verlaufen dünne Rohrleitungen, wie sie auch bei der Fußbodenheizung zum Ein- satz kommen. Diese transportieren war- mes Wasser ins Bauteil, kaltes Wasser zurück zum Heizsystem und speichern so Wärme ein. So kann das Heizsystem bedarfsgerecht auf die Sonnenenergie zu- greifen.“ Wenn sich die Wand nur um wenige Grad Celsius aufheizt, reicht das aus, um innen eine behagliche Wärme zu erzeugen. Ge- koppelt sind die multifunktionalen Bauteile und die Solarthermie mit einem regulären Heizsystem, zum Beispiel einer Fußboden- heizung mit Wärmepumpe, die einspringen kann, wenn nicht genug Sonnenwärme zur Verfügung steht. Ist zu viel Sonnenwärme verfügbar, kann diese in einem Pufferspei- cher „zwischengelagert“ werden. Dieses innovative System wird im Hintergrund geregelt: Temperaturfühler melden ihre Messwerte an den Zentralrechner, der Algorithmus-gesteuert entscheidet: Wie warm ist es aktuell im Raum, gibt es ein solares Angebot usw.? Dabei hat die Solar- thermie als klimafreundlicher Energieträ- ger grundsätzlich den Vorzug. Die Langzeittests hat Gauer in einem der kleinen Gebäude im Small House Village der TUK durchgeführt, die Forschenden als baulicher Experimentierraum zur Verfü- gung stehen. Dort ist die „Hybridheizung“, in dem Fall eine Kombination aus Solart- hermie und Erdwärme, seit über drei Jah- ren im Regelbetrieb und hat sich bewährt. „Über zwei Durchbrüche in der Beton- wand, in die sich Bauteile ein- und ausbau- en lassen, konnten wir dabei verschiedene neuartige Bauteile und Materialien testen und so das System optimieren“, ergänzt der Bauingenieur. Was jetzt noch fehlt, ist der praktische Ein- satz in einem klassischen Einfamilienhaus. „Wir suchen Bauherren, die das System tes- ten möchten – idealerweise in Kombination mit einer Fußbodenheizung, die ebenfalls geringe Vorlauftemperaturen benötigt“, sagt Gauer. „Was die bauliche Umsetzung betrifft, reicht es völlig aus, einen Teil der schattigen Nordfassade mit den funktiona- lisierten Betonbauteilen auszustatten. In- nen nimmt das System kaum Platz weg – die Rohleitungen verlaufen in der Wand und die Steuerungstechnik passt in eine Ecke bzw. in einen kleinen Heizraum.“ TU-Kaiserslautern, Pressemitteilung vom 28.04.2022 Fragen beantwortet: Dipl.-Ing. Tillman Gauer Fachbereich Bauingenieurwesen an der TU Kaiserslautern Tel.: 0631 205-5455 E-Mail: tillman.gauer(at )bauing.uni-kl.de Wohngebäude gegen Extremwetter wappnen BBSR veröffentlicht Empfehlungen für das klimaangepasste Bauen Nur ein kleiner Teil der Wohngebäude in Deutschland ist an extreme Wetterereignis- se wie Hitze und Starkregen angepasst. Da- bei sind die Folgen des Klimawandels schon heute spürbar. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat des- halb eine neue Broschüre veröffentlicht, die Planungsempfehlungen für klimaangepass- tes Bauen enthält. Sie richtet sich an Archi- tektinnen und Architekten, Bauwillige, Im- mobilieneigentümerinnen und -eigentümer sowie an fachlich Interessierte. Im Fokus stehen bautechnische, baukon- struktive und naturbasierte Lösungen für einen besseren Schutz vor Extremwetter. Gegen Hitze in Wohngebäuden helfen bei- spielsweise flexible Sonnenschutzelemen- te vor Fenstern, Nachtlüftung, helle Fas- sadenoberflächen und Außenwände, die durch ihre thermischen Eigenschaften dafür sorgen, dass die Hitze draußen bleibt. Auch Gebäudegrün erfüllt eine wichtige Funkti- on: Gründächer, bepflanzte Fassaden sowie Bäume und Sträucher auf dem Grundstück spenden Schatten und kühlen durch die Verdunstung die Umgebung. Bei Starkregen speichern sie Wasser und geben es zeitver- zögert ab. Daneben zeigt die Handlungshil- fe, welche Maßnahmen vor Überflutungen, Hagel und Sturm schützen. „Es gibt bereits viele kluge Ansätze für einen klimaangepassten Wohnungsbau“, sagt der Leiter der Abteilung Wohnungs- und Bauwesen im BBSR, Robert Kaltenbrun- ner. „Die Herausforderungen liegen in der Umsetzung. Dazu gehört die Sensibilisie- rung von Immobilieneigentümerinnen und -eigentümern. Viele schätzen die Gefahren durch Extremwetter falsch ein. Auch Pla- nende sowie Architektinnen und Architek- ten sind gefordert: Sie sollten – neben dem Klimaschutz – auch die Anpassung an den Klimawandel in der Gebäudeplanung weit- aus stärker als bisher mitdenken.“ Die Publikation entstand in einem Projekt der Universität Stuttgart. Sie ist kostenfrei erhält- lich (E-Mail an: wb6@bbr.bund.de ) und auf der Website des BBSR unter www.bbsr.bund . de abrufbar. Ein Poster veranschaulicht die Maßnahmen an einemModellgebäude. Das Bundesministerium für Wohnen, Stad- tentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und das BBSR förderten das Vorhaben imRahmen des Innovationsprogramms Zukunft Bau. Pressemitteilung vom 27.06.2022 Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung,

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