Bauzentrum_2022_05

BAUZENTRUM E-BAU 5 | 2022 in Gebäuden nicht unbedingt von messbaren Größen wie der passenden Luftfeuchtigkeit und Temperatur abhängt. Vielmehr sind es objektive und scheinbar untergeordnete Din- ge wie das Gefühl der Nutzer in einem Raum, die den Unterschied machen. „Ein Versuch wurde beispielsweise mit einem Regelungs- system einer mechanischen Lüftungsanlage gemacht“, berichtet Marco Sperling. „Der fragliche Raum war klimatisiert und auf Ide- altemperatur eingestellt, alles wurde zentral gesteuert. Doch die Nutzer fühlten sich un- wohl. Erst als das Gebäude umgerüstet und Regler und Thermostate eingebaut wurden, die die Menschen selbst einstellen konnten, stieg das Wohlempfinden – einfach nur, weil sie eine Einflussmöglichkeit hatten.“ Aus seiner Sicht ist es daher ratsam, für lebens- werte Gebäude die Einflussmöglichkeiten der Nutzer hochzuhalten, die Technisierung dagegen so hoch wie nötig, aber so gering wie möglich. „Auf diese Weise entstehen ganz automatisch hybride Systeme, zum Beispiel hybride Lüf- tungssysteme“, so Sören Eilers. Deren Stärke sei unter anderem ihr Sparpotenzial hinsicht- lich Energieverbrauch und -kosten. Denn, so ergänzt Marco Sperling, das größte Einspar- potenzial böten hybride Systeme, die es er- möglichten, eine Maschine abzuschalten und beispielsweise die Frischluftzufuhr manuell zu regeln. „Vieles lässt sich jedoch gar nicht im Vorfeld festlegen, sondern hängt vom Nut- zerverhalten ab. Wollen Bauherren Förderpro- gramme nutzen, liegt der Fokus aber immer auf dem Thema Energieeffizienz.“ Was ist ein hybrides System? Vereinfacht gesagt ist ein hybrides Sys- tem eine Mischung aus automatisierten und manuellen Komponenten. Wobei die meisten Komponenten eines hybri- den Systems ohnehin in einem Gebäu- de verbaut sind und so kein zusätzli- cher Aufwand entsteht. Ein hybrides Lüftungssystem beispielsweise kann aus Fenstern bestehen, die das Gebäu- de sowieso enthält. Hinzu kommt eine mechanische Abluftanlage. Die Zuluft kommt über das manuell geöffnete Fenster. „Es gibt ganz unterschiedliche Möglichkeiten der Infiltration der Luft in den Raum“, so Marco Sperling. „In jedem Fall braucht es eine Kommuni- kation der Systeme miteinander.“ Hybride Systeme: Einfach und sinnvoll, aber oft noch unbekannt In jedem Falle lohnt es sich, so der Experte, schon bei der Planung intensiv über verschie- dene Vor- und Nachteile eines hybriden Sys- tems zu diskutieren. „Oft ist Überzeugungs- E-BAU 25 arbeit nötig. Wir machen daher zum Beispiel im Vorfeld einer Planung Ausflüge mit Nut- zern und Auftraggebern, machen Workshops vor Ort, zeigen ihnen verschiedene Gebäu- de – alles, damit sie verstehen, wie wir uns Gebäude vorstellen. So können wir zeigen, was Räume, Lüftungskonzepte etc. können und wie die Umsetzung unserer Planungen aussehen kann. Das funktioniert gut: Die Akzeptanz steigt enorm, wenn man erkennt, wie gute Architektur, Ästhetik, Nutzbarkeit, Qualitäten in Oberflächen, die Raumluft- qualität und die Umnutzbarkeit des Gebäu- des zusammenspielen.“ Marco Sperling: „Gebäude werden in der Gegenwart für die Zukunft gebaut, also muss bei der Planung bereits an die Nutzungsmöglichkeiten in ein paar Jahrzehnten gedacht werden.“ Foto:Lazaros Filoglou / GEZE GmbH Und diese Akzeptanz seitens Nutzern und Bauherren braucht es, um heute entstehende Gebäude lebenswert und zukunftsfähig zu machen. „Gebäude müssen flexibel reagieren können auf Gegebenheiten wie die Energiever- sorgung, klimatische Veränderungen und lei- der auch auf Ereignisse wie Kriege und Pande- mien“, so die Experten. Ihr Fazit: „Wir müssen also schon heute die Ziele gemeinsammit allen Beteiligten definieren und so Gebäude schaf- fen, die auch in 50 Jahren noch funktionieren.“ www.geze.de/de/entdecken/ themen/smart-building Architekten und Planer sollten während der Gebäudeplanung den Faktor Mensch im Blick behalten, denn das Wohlempfinden der späteren Nutzer hängt oft von subjektiven Faktoren ab. Foto: Jürgen Pollak / GEZE GmbH

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