Bauzentrum_2023_02

BAUZENTRUM E-BAU 2 | 2023 Alles in Alu? Mit beeindruckendem Schwung und augenscheinlicher Leichtigkeit steht die Sporthalle der Architekten Bohuon Bertic Architectes aus Nantes an einem Kreisverkehr am Ortseingang des kleinen Städtchens Basse-Goulaine in Westfrankreich und wird zur räumlich gut durch- dachten Willkommensgeste. Oder schwebt sie etwa? Das Gebäude wirkt uforesk. 28 Fassaden Sicher ist, dass die Architekten mit einem konsequent minimalistischen Material- und Farbkonzept den Spektakeln einer Wettkampfhalle eine mehr als angemesse- ne Bühne gebaut haben. Das Gebäude mit seiner silbrigen Hül- le aus über 120.000 Aluminium-Rauten wird im Vorbeifahren zur magisch im wechselnden Tageslicht schimmernden Bewegung. „Fast wie ein …“, aber nein! Der Architekt und Büromitgründer Yannick Bohuon und Projektleiterin Mathilde Poupart bedienen sich keiner Metaphern oder Kosewörter für die eigenen Projekte. Wichtig sei ihnen, dass Architektur als Architektur betrachtet und nicht im Ver- gleich zu etwas anderem gesehen wird. Seit mehr als 15 Jahren arbeiten Bohuon und Bertic mit einem Team von sieben bis acht Mitarbeitern in Frankreich an Wohn- und Sportbauten, von denen sehr viele einen eher kühlen und industriell gepräg- ten Charakter haben. Unterschiedliche Metallfassaden, große Glasflächen und industrielle Produkte nutzen die Archi- tekten geschickt, um mit ihren Gebäuden aufzufallen, ohne kitschig zu sein. Ihr Stil sei gleichzeitig weich und klar, „Wir mö- gen es monochrom“, bemerkt Bohuon. Dies zeigt sich auch in der Sporthalle des Freizeitzentrums La Herdrie in Bas- se-Goulaine, die Bohuon Bertic Architec- tes 2022 fertigstellten. Ein Höhepunkt am Ortsrand 2018 gewann das Büro den Wettbewerb um die 2.300 m² große Zweifachsport- halle für Ballsportarten, die mit 9,25 m hoher Decke, Vereinsräumen, offenem Foyer und funktionaler Infrastruktur wettkampftauglich ist. „Zwei Dinge”, ver- mutet Yannick Bohuon, “waren damals entscheidend. Zum einen die ungewöhn- liche Kurve, der Schwung der Hülle, die zwischen der Höhe des Vordachs und der Hallenhöhe vermittelt. Und zum zweiten die Verbindungen des Gebäudes mit sei- ner Umgebung.“ Die Gebäudehülle im Alu-Look dominiert ihr Umfeld und bildet einen visuellen An- ziehungs- und Höhepunkt am Ortsrand. Mit der Hülle reagieren die Architekten formal und funktional auf die vorge- fundene räumliche Situation, die durch Kreisverkehr und Ortseingangsstraßen geprägt ist. Die Architekten vermeiden eine Vor- und Rückseite, da ihnen der Ein- druck von Kontinuität besonders wichtig erschien. Zudem haben sie das Gebäude von verschiedenen Seiten einsehbar und zugänglich gemacht. Mit viel Glas im Erd- geschoss öffnen sie zum Beispiel die Halle an einer der Längsseiten und geben den Blick frei auf das Spielfeld. Hier soll mit- gefiebert und animiert werden, Sport zu treiben. Eine geometrische Überraschung Im Zentrum stehen Spiel und Spielfeld. Die dienenden Räume wie Umkleiden, Technik und Lagerräume sind nach funktionalen Aspekten um die Sportfläche herum an- geordnet. So bekommt ein unspektakulä- res, regelmäßiges Rechteck – das Spielfeld – eine leicht mäandernde zweite Raum- schicht, deren Ecken abgerundet sind und die sich in verschiedene Richtungen aus- dehnt. Sporthallen sind in ihrer Struktur fast immer gleich. Während das Programm damit Routine ist, kann in Gestalt und Material des Gebäudes das Besondere lie- gen. „Wir wollten ein Signal setzen und mit der interessanten Form der eher gewöhn- lichen Typologie einen neuen Ausdruck verleihen“, so die Projektleiterin Mathilde Poupart. Wie kommt diese Form zustande? Die funktionalen Räume sind alle einge- schossig gehalten. Mit ihrer Höhe sticht die Sporthalle selbst hervor. Ein fließender Übergang und weiche Kehlen vermitteln in der Gebäudehülle zwischen diesen bei- den Höhen. Die Architektur der Hülle wird so zur fein durchdachten geometrischen Überraschung. Rauten in der Kurve Eine besondere Form braucht ein passen- des Material. Die 44×44 Dach- und Wand- rauten von PREFA und vereinzelte Sonder- anfertigungen des Spenglers wurden in Anlehnung an eine traditionelle Schiefer- deckung nahtlos über Kehlen, Kurven und Kanten der Gebäudehülle verlegt. Das war einer der Gründe, warum man PREFA ver- wendete. Man konnte Dach und Fassade gleichwertig gestalten und erhielt eine ho- mogen erscheinende, mehrfach gekrümm- te Fläche. Unter der Haut aus Rauten liegt eine Unterkonstruktion aus Sperrholz und Dichtplane, die auf Fachwerkträger mon- tiert ist, welche per auskragenden Stahl- Fotos: Prefa / Croce & Wir

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