Bauzentrum 02/2024

BAUZENTRUM E-BAU 2 | 2024 6 Titel Ein Raum, der überrascht Der Neubau des Münchner Volkstheaters befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Schlacht- und Viehhofs inmitten von ziegelumhüllter historischer Industriearchitektur in München. Der Ent- wurf passt sich seiner Umgebung an und lässt von außen wenig von seinem besonders farbenfroh gestalteten Foyer erahnen. Kräftige Farben Der Besucher ist sicherlich überrascht, wenn er das weitläufige Foyer des neu erbauten Volkstheaters in München betritt. Denn im Innenraum begrüßen ihn kräftige Farben: Hellblau, Gelb, Dunkelblau, Hellgrün, Braun und ein helles Ziegelrot charakterisieren das zweistöckige Foyer. Überrascht ist der Besu- cher deshalb, weil die Farbigkeit einen deut- lichen Kontrast zur Gebäudehülle des Thea- terbaus selbst bildet. Der Entwurf mit seinem Gegensatz aus einfarbiger Fassade und far- bigem Innenraum basiert auf den Ideen des Stuttgarter Architekturbüros LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei. Erst die Stadt, dann das Haus Nach einem gewonnenen europaweiten Ver- fahren, das die Stadt Munchen ausgeschrie- ben hatte, realisierte das Bauunternehmen Georg Reisch diesen Neubau des Munchner Volkstheaters zusammen mit den Architekten von LRO. Das Theater sollte seinen Platz auf dem ehemaligen Gelände des Schlacht- und Viehhofs der Stadt München finden, dessen Bestandsbauten bis in die Gründerzeit zu- rückreichen und deren Erscheinungsbild von roten Ziegeln geprägt ist. Levin Koch, Archi- tekt bei LRO erläutert: „Bei uns im Büro ha- ben wir den Grundsatz: Erst die Stadt, dann das Haus. Die Materialität der Fassade des Münchner Volkstheaters orientiert sich an den benachbarten Bauten und insbesondere an einem Verwaltungsriegel des Schlacht- hofs aus dem späten 19. Jahrhundert, der in den Entwurf zu integrieren war. Dieser unter Denkmalschutz stehende Gründerzeitbau besteht aus Ziegeln in typischer Münchner Ziegelfarbe, einem mittleren Rot. Demzufol- ge war es naheliegend, das Material ebenfalls für die Gebäudehülle des Volkstheaters zu verwenden. Mit unserem neu entworfenen Gebäude, das durch einen Torbogen mit dem Verwaltungsriegel verbunden ist, haben wir uns in das Quartier integriert.“ Zwar etab- liert der Neubau eine eigene Formenspra- che, etwa mit geschwungenen Wänden oder kreisrunden Öffnungen, doch selbst der hoch aufragende Bühnenturm tritt mit seinen Rücksprüngen und der luftigen weißen Ver- kleidung nicht zu stark in Erscheinung. Kontrast ist keinWiderspruch Es vergingen nur knapp drei Jahre bis zur Fertigstellung dieses Projekts. Aus der Form des Grundstucks ergab sich der längliche Zu- schnitt des Foyers, der mit seiner farbigen Ge- staltung beeindruckt. „Es war fruh klar, dass wir mit dem Foyer, dem Ankunftsort der Be- sucher, einen anderen Raum schaffen wollten, der auch überrascht“, erklärt Architekt Levin Koch. „Denn eine weitere Prämisse unseres Büros lautet: Drinnen ist anders als draußen. Sie ist sogar zum Titel einer Sammlung von Texten aus der Feder des Gründungspartners von LRO, Arno Lederer, geworden, die J runn Ragnarsd ttir kürzlich herausgegeben hat. Für uns ist Kontrast kein Widerspruch. Unser Büro beschäftigt sich immer wieder mit Far- be in der Architektur – dies spielte stets eine wichtige Rolle. Hier im Münchner Volksthe- ater sind wir sogar ein wenig freimütiger mit Farbe umgegangen.“ Farbiges Goethehaus als Vorbild In verschiedenen Projekten von LRO taucht immer wieder Goethes Farbenlehre auf. Spe- ziell Arno Lederer beschäftigte sich häufig da- Die kräftige Farbgebung im Foyer trägt zu einer ein- ladenden Wohlfühlatmosphäre bei. Das Volkstheater in München auf dem ehemaligen Gelände des Schlacht- und Viehhofs passt sich mit seiner Gebäudehülle aus roten Ziegeln seinem Umfeld an. Fotos: Leonard Mandl

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